Laut einer Studie von CB Insights (2024) scheitern rund 56 % aller Startups an einem fehlenden Bedarf am Markt. Ein zentraler Grund: mangelhaftes Marketing. Wer sich nicht klar positioniert, seine Zielgruppe nicht versteht oder an der falschen Stelle kommuniziert, läuft Gefahr, in der Masse unterzugehen.
Ein durchdachtes Marketingkonzept ist deshalb gerade beim Markteintritt entscheidend – auch mit kleinem Budget. In diesem Artikel geht es darum, wie junge Unternehmen mit konkreten Schritten und Tools erfolgreich am Markt Fuß fassen.
Die Basis schaffen: Zielgruppenanalyse und Positionierung
Ein erfolgreiches Marketing beginnt nicht mit der Wahl des richtigen Werbekanals, sondern mit einer fundierten Kenntnis der eigenen Zielgruppe.
Nur wer genau weiß, wen er anspricht, kann wirksam kommunizieren, Vertrauen aufbauen und Kund:innen effizient gewinnen. Zwei entscheidende Schritte am Anfang jeder Marketingstrategie sind daher die Zielgruppenanalyse und eine präzise Positionierung.
Zielgruppe verstehen – mit System
Um ein realistisches Bild der Zielgruppe zu entwickeln, hat sich die Arbeit mit sogenannten Buyer Personas bewährt. Dabei handelt es sich um prototypische Nutzerprofile, die auf realen Daten basieren und typische Merkmale potenzieller Kund:innen abbilden. Folgende Punkte gehören in jede Persona:
. Alter und Lebenssituation
. Beruf und Branche
. Probleme und Herausforderungen im Alltag
. Genutzte Informationsquellen
. Entscheidungsverhalten beim Kauf
Ein hilfreiches Tool für die Erstellung ist der kostenlose
Make My Persona Generator, der strukturiert durch den Prozess führt. Um echte Einblicke zu gewinnen, reichen oft bereits fünf bis zehn qualitative Interviews mit potenziellen Nutzer:innen.
Diese Gespräche helfen dabei, Bedürfnisse zu erkennen, Sprache und Prioritäten besser zu verstehen und daraus gezielte Maßnahmen abzuleiten.
Positionierung mit Mehrwert
Auf Basis der Zielgruppenanalyse sollte anschließend eine klare Positionierung erfolgen. Hier geht es darum, das eigene Angebot auf den Punkt zu bringen: Welches Problem wird gelöst? Warum ist die Lösung besser oder einfacher als die anderer Anbieter? Und welchen konkreten Nutzen bringt sie für die Zielgruppe?
Ein praxisorientiertes Tool zur Entwicklung dieser Positionierung ist das Value Proposition Canvas von Strategyzer. Damit lassen sich Kundennutzen und Produktaussage systematisch abgleichen. Ziel ist es, das Alleinstellungsmerkmal so präzise wie möglich zu formulieren – idealerweise in einem Satz.
Beispiel: „Wir helfen Freelancern, ihre Buchhaltung in 5 Minuten pro Woche zu erledigen – ganz ohne Steuerwissen.“
Eine starke Positionierung ist nicht nur intern hilfreich, sondern bildet auch die Basis für ein konsistentes Branding und zielgerichtetes Marketing.
Strategische Planung: Instrumente im Marketing gezielt einsetzen
Sind Zielgruppe und Positionierung definiert, geht es darum, die passenden Marketingmaßnahmen zu planen. Hier bietet das klassische 4P-Modell eine hilfreiche Struktur.
Es unterteilt den Marketing-Mix in die Bereiche Produkt, Preis, Vertrieb (Place) und Kommunikation (Promotion).
Startups profitieren davon, diese Instrumente gezielt auf ihre Phase und Zielgruppe abzustimmen.
Marketing-Mix sinnvoll anpassen
Zur besseren Übersicht zeigt die folgende Tabelle typische Einsatzmöglichkeiten für Startups inklusive passender Tools:
Ein realistisches Beispiel für die Anwendung dieser Instrumente bietet der Launch eines SaaS-Startups. Eine mögliche Umsetzung könnte folgendermaßen aussehen:
. Produkt: Die Beta-Version wird exklusiv über eine Warteliste kommuniziert – z.B. via Framer-Landingpage mit klarer Problemlösung.
. Preis: Die ersten 14 Tage sind kostenlos, danach beginnt ein gestaffeltes Abo-Modell mit monatlicher Kündigungsoption. Die Preisstruktur wird im laufenden Betrieb getestet und angepasst.
. Place: Der Vertrieb erfolgt rein digital über die eigene Website, ergänzt durch LinkedIn-Direktansprache im B2B-Bereich.
. Promotion: Social Ads generieren gezielt Anmeldungen für die Warteliste, flankiert von einer Content-Kampagne mit LinkedIn-Posts der Gründer:innen.
Diese Kombination aller
Instrumenten im Marketing ermöglicht es, erste Nutzer zu gewinnen, Feedback zu erhalten und gleichzeitig datenbasiert zu lernen, welche Maßnahmen am besten funktionieren.
Markenaufbau und Sichtbarkeit steigern
Eine starke Marke ist mehr als ein schönes Logo. Sie schafft Vertrauen, gibt Orientierung und differenziert ein Startup im Wettbewerb.
Gerade zu Beginn ist es wichtig, mit klaren, einheitlichen Signalen aufzutreten – auch wenn das Budget begrenzt ist.
Marke entwickeln – auch ohne Budget
Diese Basiselemente sollten frühzeitig definiert werden:
. Logo, Farben und Typografie
. Tonalität und Sprachstil (z. B. locker, professionell oder technisch)
. Markenwerte und eine klar formulierte Mission
Für den schnellen Aufbau eines konsistenten Markenauftritts eignen sich Tools wie Looka oder das Canva Brand Kit. Sie ermöglichen es, auch ohne Designer innerhalb weniger Stunden ein visuell ansprechendes Corporate Design zu entwickeln.
Zur internen Dokumentation genügt oft ein einfaches Google-Dokument mit Beispielen für Schriftgebrauch, Farben, Bildsprache und typische Formulierungen. Diese Vorarbeit hilft, in späteren Kommunikationsmaßnahmen konsistent zu bleiben – von der Website über Social Media bis hin zu E-Mail-Kampagnen.
SEO & Content – erste Sichtbarkeit aufbauen
Content Marketing zählt zu den effizientesten Wegen, organische Sichtbarkeit aufzubauen – besonders für Startups mit begrenztem Werbebudget. Ein strukturierter Einstieg gelingt über folgende Schritte:
. Durchführung einer Keyword-Recherche mit Tools wie Seobility oder Ahrefs Lite
. Aufbau thematischer Content-Cluster rund um das Hauptangebot
. Ziel: Veröffentlichung von 1–2 hochwertigen Blogartikeln pro Monat
. Zweitverwertung der Inhalte über LinkedIn, Newsletter oder Fachforen
So entsteht über die Zeit eine inhaltliche Präsenz, die sowohl für Nutzer als auch Suchmaschinen Relevanz schafft.
Ein Beispiel aus der Praxis: Ein LegalTech-Startup könnte Beiträge zu Themen wie „Musterverträge für Freelancer“, „Die häufigsten Rechtsirrtümer bei der Gründung“ oder „DSGVO-Checklisten für KMU“ veröffentlichen.
Diese Inhalte bieten Mehrwert, stärken die Marke als Problemlöser und sorgen gleichzeitig für eine gute Auffindbarkeit über Suchmaschinen.
Kunden gewinnen und Vertrauen aufbauen
Die beste Idee bleibt wirkungslos, wenn potenzielle Kund:innen nicht abgeholt werden. Eine überzeugende Website und eine durchdachte Ansprache sind daher essenziell, um aus Besuchern zahlende Kunden zu machen – und um langfristig Vertrauen aufzubauen.
Conversion-optimierte Landingpage erstellen
Für den ersten Eindruck zählt vor allem eine strukturierte und klar kommunizierende Landingpage. Die wichtigsten Elemente sollten wie folgt aufgebaut sein:
. Oben: Eine prägnante Problem-Lösungs-Formulierung („In nur 5 Minuten zur rechtskonformen Rechnung“)
. Danach: Ein kurzes Demo-Video oder eine animierte Darstellung des Produkts
. Im Mittelteil: Features mit konkretem Nutzen – keine technischen Details, sondern anwenderorientiert
. Unten: Kundenstimmen oder Referenzen sowie ein klarer Call-to-Action, z.B. „Jetzt kostenlos testen“
Tools wie Unbounce oder Webflow ermöglichen die schnelle Erstellung solcher Seiten – oft ohne Programmierkenntnisse. Ergänzend sollte jede Landingpage mit einem Tracking-Setup ausgestattet sein: Google Analytics 4 und Microsoft Clarity liefern Einblicke in Nutzerverhalten, Absprungraten und Klickpfade, mit denen sich Optimierungspotenziale direkt erkennen lassen.
Lead-Nurturing einführen
Der Kontakt endet nicht mit dem ersten Klick – im Gegenteil: Erst jetzt beginnt der eigentliche Vertrauensaufbau. Ein einfacher, aber wirkungsvoller E-Mail-Funnel sieht wie folgt aus:
. Schritt 1: Besucher erhalten ein kleines Freebie – z.B. eine Checkliste oder einen Leitfaden – im Tausch gegen ihre E-Mail-Adresse
. Schritt 2: Eine automatisierte Willkommensserie mit 2–3 E-Mails erklärt kurz das Produkt, zeigt Beispiele und lädt zur Nutzung ein
. Schritt 3: Nach 5–7 Tagen folgt eine Erinnerung an die Testmöglichkeit oder ein persönlicher Nutzungsvorschlag
Dieser Prozess lässt sich mit Tools wie Mailerlite oder Brevo (ehemals Sendinblue) problemlos umsetzen – auch im kostenlosen Tarif. Um den Erfolg der Maßnahme zu messen, helfen folgende Kennzahlen:
. Öffnungsrate: > 35 % gilt als gutes Ziel bei qualitativem Content
. Klickrate (CTR): > 3 % zeigt, dass Inhalte und Angebote relevant sind
. Conversion von Freebie zu Test: > 5 % ist ein guter Richtwert bei durchdachtem Onboarding
Ein professionell gestalteter Funnel ersetzt auf Dauer teure Einzelmaßnahmen und sorgt dafür, dass Interessenten Schritt für Schritt Vertrauen aufbauen – bis zur Kaufentscheidung.
Budget effizient nutzen: Low-Budget-Marketing für Gründer
Gerade in der Gründungsphase ist das Marketingbudget meist begrenzt – umso wichtiger ist es, die vorhandenen Mittel effizient einzusetzen. Welche Maßnahmen sinnvoll sind, hängt vom verfügbaren Budget und vom Wachstumsziel ab.
Die folgenden Szenarien zeigen, wie Marketingstrategien in verschiedenen Budgetstufen konkret aussehen können:
Bereits mit einem Mini-Budget unter 500 Euro lassen sich organisch relevante Ergebnisse erzielen – zum Beispiel durch regelmäßige Blogartikel, fundierte LinkedIn-Beiträge und eine gezielte SEO-Optimierung. Wer etwas mehr investieren kann, sollte erste Anzeigen testen, insbesondere auf Plattformen mit guter Zielgruppengenauigkeit.
Ab ca. 1.
500 Euro lassen sich skalierende Maßnahmen umsetzen, etwa durch Performance-Kampagnen oder bezahlte Kooperationen mit Nischen-Influencern, die hohe Engagement-Raten erzielen.
Toolstack für Bootstrapped Startups
Ein durchdachter Marketing-Toolstack hilft dabei, effizient zu arbeiten und trotzdem professionell aufzutreten. Diese Tools bieten einen guten Einstieg – oft mit kostenlosen Versionen oder Startup-Rabatten:
. Website-Baukasten: Framer – moderne Seiten ab 0 € mit starker Designfreiheit
. E-Mail-Marketing: Brevo (ehem. Sendinblue) – bis zu 300 Mails/Tag kostenlos
. Social Media Planung: Publer – visuelle Planung und Veröffentlichung ab 0 €
. CRM-System: HubSpot Starter für einfache Workflows oder Pipedrive Essential für B2B-Vertrieb
. SEO-Tools: Seobility oder Ubersuggest – ideal für Keyword-Recherche und OnPage-Optimierung
Viele Anbieter bieten spezielle Konditionen für Startups – etwa Notion für Startups, AWS Activate, Stripe Atlas oder Programme von Google for Startups.
Es lohnt sich, gezielt nach Förderprogrammen, Deals oder Bundles zu suchen, um Marketingkosten weiter zu reduzieren.
Messen, lernen, optimieren
Erfolgreiches Marketing basiert auf Daten – nicht auf Bauchgefühl. Wer seine Maßnahmen nicht misst, kann nicht gezielt optimieren.
Besonders in der Wachstumsphase ist es entscheidend, regelmäßig zu analysieren, welche Kanäle funktionieren, wo Nutzer abspringen und welche Botschaften tatsächlich konvertieren.
Framework: AARRR – Die 5 Wachstumsphasen
Das AARRR-Modell hilft dabei, den Marketing-Funnel strukturiert zu analysieren und gezielt Stellschrauben zu identifizieren:
. Acquisition: Woher kommen die Nutzer – über Ads, Suchmaschinen, Empfehlungen?
. Activation: Erleben sie schnell einen Mehrwert (z.B. Demo ansehen, Checkliste downloaden)?
. Retention: Kommen sie zurück oder ist die Abwanderung hoch?
. Referral: Gibt es Weiterempfehlungen – z.B. durch Empfehlungsprogramme oder Reviews?
. Revenue: Wird aus dem Besuch tatsächlich Umsatz generiert – direkt oder über Upsells?
Jede dieser Phasen lässt sich mit konkreten Kennzahlen belegen und über Zeit verbessern. So wird aus reiner Aktivität ein lernender Marketingprozess.
Tracking leicht gemacht
Auch ohne eigene Data-Teams lassen sich valide Erkenntnisse gewinnen. Mit einem einfachen Setup lassen sich Nutzerverhalten, Conversion-Raten und Kampagnenleistung nachvollziehen:
. Google Tag Manager für flexible Events und Zielmessung
. Google Analytics 4 als Basis für quantitative Analysen
. Looker Studio (ehem. Data Studio) zur Visualisierung von Dashboards
. Wichtige Metriken:
- CAC (Customer Acquisition Cost)
- LTV (Customer Lifetime Value)
- CTR (Click-Through-Rate)
- Churn Rate (Abwanderung)
Wer keine klaren Kennzahlen verfolgt, tappt im Dunkeln. Deshalb empfiehlt es sich, einen einfachen, wiederkehrenden Analyse-Rhythmus einzuführen:
. Wöchentlich: Performance einzelner Kanäle und Kampagnen überprüfen
. Monatlich: Strategische Retrospektive im Team – was lief gut, was nicht?
. Quartalsweise: Review der Haupt-KPIs, Vergleich mit Zielen, Anpassung der Roadmap
Mit diesem strukturierten Vorgehen lassen sich Hypothesen testen, Schwächen gezielt verbessern und langfristig Marketingkosten senken – bei gleichzeitig steigender Wirkung.
Fazit
Ein gelungener Markteintritt basiert nicht auf Zufall oder einem einzelnen erfolgreichen Social-Media-Post, sondern auf einer durchdachten Strategie.
Entscheidend ist, dass bereits früh ein klares Verständnis für die eigene Zielgruppe besteht und alle Maßnahmen konsequent auf deren Bedürfnisse ausgerichtet werden.
Wer gezielt die passenden Marketinginstrumente einsetzt, seine Aktivitäten regelmäßig hinterfragt und anhand konkreter Daten optimiert, schafft die besten Voraussetzungen für nachhaltiges Wachstum.
Große Budgets sind dabei nicht zwingend erforderlich – vielmehr kommt es auf kluge Entscheidungen, kontinuierliches Lernen und die Bereitschaft an, neue Wege zu testen und aus Fehlern zu lernen.
Über den Autor: Harald Neuner
Harald Neuner ist Co-Founder von “
uptain”, der führenden Software-Lösung für die Rückgewinnung von Warenkorbabbrechern im DACH-Raum. Ein besonderes Anliegen ist es ihm, kleinen und mittleren Online-Shops Technologien zur Verfügung zu stellen, über die bisher vorwiegend die Großen im E-Commerce verfügten. Mit “uptain” ist ihm genau das möglich geworden.
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